Vierte Etappe Russland Teil 13

Dienstag, der 31.05.2016

Fahrstrecke: 606km
Fahrzeit: 9:20h

 

Heute lernten wir das erste Mal auch andere Wege kennen, nämlich mit Spurrillen und Breidbandschlaglöchern. Zum Glück ist im Griwimog alles geschnallt und genagelt, so daß das meiste noch an seinem Platz steht, wenn wir die Türen öffnen.

Teilweise im Schneckentempo näherten wir uns dem heutigen Etappenziel.

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Kutschino – ein winziges Dorf mitten im Permer Gebiet. Eigentlich im Niemandsland.

Hier befindet sich „Perm36“ – das Gulag-Museum. Wer es nicht weiß, wird es wohl auch kaum finden.

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Die Gedenkstätte politischer Repressionen wurde auf dem Gelände eines ehemaligen Arbeitslagers eingerichtet. Das Lager existierte mehr als 40 Jahre.

Die Dame von der Führung erklärte uns, daß es 3 Perioden gab.

In der 1. Periode unter Stalin wurden nicht nur Kleinkriminelle bis Verbrecher, sondern auch Menschen „ohne Vergehen“ inhaftiert –  immer für jeweils 3 Jahre. „Ohne Vergehen“ bedeutet zum Beispiel Menschen, die aus Hunger beim Nachstoppeln der Felder erwischt wurden oder jemand, der zu spät zur Arbeit erschien.

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In der 2. Periode von 46 bis 72 galt das Lager als Arbeitsbesserungsanstalt. Ab 54 saßen hier auch hochkarätige Mitglieder staatlicher Organe (Polizei, Geheimdienst, Gerichte), die einst selbst Menschen ins Lager schickten. Laut unserer Führerin wurden diese Insassen für 6 Jahre im Lager eingesperrt, wobei es Ihnen besser erging als den Inhaftierten der ersten Periode. Es gab wohl schon Bettdecken und besseres Essen.

160531 (31) Perm 36

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In der 3. Periode von 73 bis 87 war es einziges Lager der UdSSR für „besondere Zwecke“ – sprich Lager für politische  Gefangene, Häftlinge oder auch „besonders gefährliche Wiederholungstäter“, „besonders gefährliche Staatsverbrecher“, worunter u.a. Aktivisten der nationalen Unabhängigkeitsbewegungen und Menschenrechtler verstanden wurden. Bei der Schließung des Lagers wurden alle Inhaftierten freigelassen.

Im Lager selbst sind noch die Baracken, Gefängniszellen, Besucherräume, Teile vom Zaun und Einrichtungsgegenstände zu sehen. Der Situation angemessen, betraten wir hier ein ruhiges, schlichtes, aber für sich selbstredendes Museum.

160531 (37) Perm 36 160531 (41) Perm 36

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160531 (57) Perm 36

Die Dame von der Führung war anfangs sehr zugeknöpft und nicht von unserem Wunsch, Fotos machen zu wollen, erfreut. Jedoch ließ sie sich überzeugen und taute dann während der Runde zusehends auf. Vielleicht lag es daran, daß sich durch unsere Fragen, die Führung auf zwei Stunden ausdehnte oder aber am speziellen Charme von Wilfried, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, diese Dame zum Lächeln zu bringen.

Auf der Rücktour passierte Unglaubliches.

Wir fühlten uns die ganze Zeit von einem nicht identifizierbaren Klappergeräusch genervt. So sehr, daß Wilfried den Warnblinker setzte, raussprang und suchte. Aber nix. Also weiter nach Kungur zum Stellplatz.

Was wir nicht wußten: hinter uns fuhr ein anderes Wohnmobil und sah zuerst einen Russen an der Straße stehen, etwas aufheben und einsacken und zurückfahren. Dann sahen sie uns mit Warnblinker stehen und suchen. In ihrer Schlußfolgerung hatten wir das verloren, was der Russe eingepackt hat. Ergo drehten auch sie um, fuhren dem Einheimischen hinterher, stoppten ihn und ließen sich das Gefundene herausgeben. Es war unser Spezialölkanister, der einfach mal seine angeschweißte Halterung gesprengt hatte und über die Straße hüpfte ohne Hintermänner zu verletzten.

Wir hatten von all dem nichts gemerkt.

Nun hatte Wilfried also wieder ein Projekt – Kanister befestigen, nur dieses Mal dauerhafter.

160501 (32) Unimog

Aber vorher gingen wir erst mal Abendbrot suchen. Der Tag war elendig lang und außer trockenem Kuchen, gab unser Kühlschrank nichts her.

In einem kleinen Dorfrestaurant überfielen wir buchstäblich die Kellnerin in unserem Kauderwelsch aller möglichen Sprachen.

Zum Glück ist Soljanka in unseren Sprachen gleich. Steak wäre auch gut gegangen, nur davon riet mir die Dame mal gleich mit gezogenen Brauen und verneinender Hand ab. Fisch ging auch noch, aber bei der Sorte setzte dann die Leere ein. Am Ende erzählte die Kellnerin etwas von „otschen wkustno“ und wir bestellten das dann zwei Mal. Was aufgetischt wurde, ein Kartoffelgratin, wo irgendwo auch Fischstückchen enthalten waren. Aber sie hatte Recht, es schmeckte lecker!

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Eine Antwort zu Vierte Etappe Russland Teil 13

  1. Tauchender Rudi sagt:

    Danke, dass wir an Euren spannenden Reise teilhaben dürfen. Wir wünschen Euch auch weiterhin alles Gute.

    Rudi und Regina

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